Omiš ist keine typisch dalmatinische Stadt.
Das Steintor, durch das der klare Karstfluss ins Meer einfließt, die uneinnehmbaren Festungen, die jahrhundertelang dem Zahn der Zeit widerstehen, der beeindruckende Canyon, der zu den stillen Inseln der Liebe und des Glücks führt...
So einfach und eindeutig beschrieb der Schriftsteller Ivan Katušić aus Omiš das geographisch-geologisch-historische Geflecht, in dem sich Omiš befindet. Es war gerade das Atypische, das die Stadt Omiš auf den Seiten zahlreicher früher Reiseberichte und Grafiken und später auch in Reiseführer und -programme platzierte.
Wenn wir in der turbulenten Geschichte von Omiš nach der Herkunft relativ junger Begriffe „Tourismus“ und „Tourist“ suchen müssen, so dürfen wir keinesfalls Albert Fortis und seinen Reisebericht “Reise durch Dalmatien“ außer Betracht lassen. Damals genoss Fortis köstlichen Fisch aus der Mündung von Cetina und hochwertigen Muskatwein. Auch die Gastfreundlichkeit der Einwohner von Omiš war seiner Aufzeichnungen würdig. Im Jahr 1772 besuchte Fortis auch andere Orte Dalmatiens, aber die Aufzeichnungen bezüglich Omiš bestätigten zweifellos, dass hier schon damals die zwei wichtigsten Kriterien des Tourismus erfüllt waren – ein freundlicher Gastgeber und ein zufriedener Gast.
Mit seinen Reiseberichten bewegte Fortis auch andere die Schönheit steiler Felswände, furchterregenden Canyons und donnernden Getöse der Gubavica Wasserfälle zu erleben. Reiche natürliche Vielfalt und Schönheit lockte müßige, von der Romantik berauschte europäische Aristokratie in das unbekannte und exotische Dalmatien an. Gerade diese „atypische“ Stadt und ihre Umgebung waren für manche von ihnen ein unumgängliches Reiseziel.
So besuchte 1838 auf seiner botanischen Reise durch Dalmatien auch der König Friedrich August II. von Sachsen Omiš. Die Bewohner von Omiš bereiteten ihm einen wahrhaft königlichen Empfang. Im Jahr 1844, das als Gründungsjahr des kroatischen Tourismus gilt und in dem die Villa Angiolina in Opatija gebaut wurde, besuchte auf seinen Reisen durch das vergessene Dalmatien auch der berühmte britischer Forscherr und Wissenschaftler Sir John Gardner Wilkinson Omiš. In seinem bekannten Reisebericht „Dalmatia and Montenegro“ (1848) widmet er Omiš und Poljica bedeutende Aufmerksamkeit.
Von Wilkinsons Schriften zweifellos angespornt, besuchte auch Emily Anne Beaufort, Vicomtesse von Strangford, Omiš. Ihre Reiseerinnerungen fasste sie im Buch „Adriatische Ostküste 1863 mit einem Besuch in Montenegro“ zusammen. In ihrem schriftlichen Gedächtnis hat Omiš einen beneidenswerten Platz eingenommen. Von den Stadtvätern als Ehrengast empfangen, zögerte die Vicomtesse nicht, Omiš „die schönste von Kleinstädten“, die sie besucht hat, zu nennen. Dieses Bekenntnis bezeugt auch eine Lithographie von Omiš, deren Vorlage sie selbst gezeichnet hat! Sie wurde in ihrem Buch als einzige von insgesamt vier Lithographien Dalmatiens veröffentlicht!
Auch später wird Omiš von anderen berühmten Reiseschriftstellern, Wissenschaftlern und gekrönten Häuptern besucht. Für mehr Besucher und die Entwicklung des Tourismus im heutigen Sinne des Wortes wird Omiš jedoch auf das Erscheinen moderner Wunder, die sich aus der industriellen Revolution ergaben, warten müssen. Die Erfindung der Dampfmaschine trug zum Ausbau von Eisenbahnnetzen und zur Einführung regelmäßiger Schiffslinien bei. Es waren diese Faktoren, die den Trend zum Reisen in breiteren Bürgerschichten ausgelöst haben. Während Dalmatien fast ein Jahrhundert auf seine Eisenbahnverbindung mit der Welt warten wird, entwickelten sich ihre Dampfschiffverbindungen sehr schnell. Omiš befand sich so auf der Route staatlicher Passagier-- und Postschifffahrtslinien.
Durch die Entwicklung von Verkehrsverbindungen mit anderen dalmatinischen Städten, entstand die Notwendigkeit, die ersten Hotels zu eröffnen. Das erste Hotel in Omiš war das Hotel Balkan, das sich am heutigen Poljički trg befand. Außerhalb des Stadtzentrums wurde bald das Hotel Dinara eröffnet, das den Gästen den gleichen Komfort wie Hotels in größeren Städten bieten konnte. Die schnellen Dampfschifflinien machten Omiš zu einem beliebten Zielort von Herrschaften aus Split, die in den ersten Frühlingstagen gerne den Canyon von Cetina auf der Suche nach Erfrischung besuchten.
Zu dieser Zeit steckte Omiš immer noch in den Kinderschuhen des modernen Tourismus. Die Touristenbesuche waren bescheiden und das touristische Angebot basierte mehr auf Unterbringung von Beamten, die am Bau des Wasserkraftwerks an Gubavica beteiligt waren, als auf Besuchen der Gästen, die Unterhalung suchten. Dies hinderte einige Visionäre jedoch nicht daran, bereits 1913 den Verein für Ortsverschönerung „Vojan“ zu gründen. Der Verein könnte als eine Art Vorläufer des Tourismusverbandes in Omiš betrachtet werden. Die fast ideale Lage mitteen in der Adria, die Nähe zu allen mitteldalmatinischen Inseln und Split als regionalem Mittelpunkt machen Omiš zu einem touristischen Zielort mit größtem Potential. Unberührte und bereits besungene Naturvielfalt drängt sich ganz von selbst als Haupttrumpf auf. Günstiges Klima mit milden Wintern und warmen Sommern eröffnet Möglichkeiten für die Entwicklung des ganzjährigen Tourismus, vor allem für Besucher aus dem kalten europäischen Landesinneren.
Am Ende des Ersten Weltkriegs befand sich Omiš an einer Art Wendepunkt. Das malerische, verschlafene Städtchen verwandelte sich in den kommenden Jahren in eine wahrhafte Touristendestination für in- und ausländische Gäste. Dass dies tatsächlich der Fall war, beweist auch die Notwendigkeit der Ausgabe eines ersten Reiseführers, der vom Omišer Schriftsteller Jakov Tomasović 1929 geschrieben, illustriert und herausgegeben wurde.
In den folgenden Jahren wurden in Omiš und in der Umgebung viele Hotels und Pensionen errichtet, von denen einige, wie z.B. das Hotel „Bellevue“ und „Adrie“ auf europäischem Niveau waren. Auf der Halbinsel Punta wurde der Stadtstrand angelegt, dessen Umkleidekabinen auf Holzpfählen über dem Wasser afgebaut wurden. Nur ein paar Kilometer vom Stadtzentrum entfernt konnten Touristen im Salz- oder Süßwasser baden, und sich an Sand- oder Kiesstränden sonnen. Die damaligen Besucher könnte man fast beneiden, denn sie genossen nicht nur die unberührten Naturschönheiten des Canyons von Cetina, sondern auch die Ruhe und Stille zahlreicher Strände. Die angenehmen Abende in Omiš waren Spaziergängen entlang der Stadtpromenade Fošal und dem Genießen wundervoller Sonnenuntergänge von den Terassen der erwähnten Hotels vorbehalten.
In der Stadt gab es auch mehrere Orchester, die Touristen unterhielten, indem sie auf den Terassen der Hotels und Restaurants populäre Musikstücke aufführten. Besucher, die nach einer echten mediterranen Atmosphäre suchten, wurden in Tavernen mit ein paar Gläsern von Omišer Muskatwein und getrockneten Feigen verwöhnt. Und natürlich, genossen sie Klänge des damals immer noch spontanen und intimen Klappengesangs.
Trotz der ausgebauten Straße Split-Omiš-Makarska und mehrerer Busunternehmer und Taxifahrer in Omiš selbt, blieb der Dampfer auch weiterhin das attraktivste und zuverlässigste Transportmittel. Der Bau von der Lika-Eisenbahn im Jahr 1925 und die Einführung von der kurzlebigen Flugverbindung Split-Prag machten Omiš zum Mekka für Touristen aus Mitteleuropa, vor allem aus der Tschechoslowakei und Deutschland. Gesungen wird das Lied von Max Schwarzmanoff „Lass uns nach Omiš gehen, diese wunderschöne Stadt, wenn du dort verweilst, glücklich bist du dann ". Deutschsprachige Komposition und Notation des Lieds zeigen zweifellos wem das Lied „ins Ohr gehen“ sollte.
Neben der Neuauflage des Reiseführers von Tomasović 1932, veröffentlicht der Tourismusverein „Slavinj“ in Zusammenarbeit mit privaten Gastwirten mehrere Broschüren in deutscher und tschechischer Sprache. Auch die Tagespresse berichtete über die geschmackvoll und repräsentativ ausgestatteten Ausgaben! Dieses idyllische und rasche Wachstum des touristischen Angebots wurde durch den Wirbelsturm des Zweiten Weltkriegs unterbrochen.
Am Kriegsende blieben in Omiš nur noch zwei Hotels. Der touristische Wachstumstrend setzte sich jedoch fort und in den kommenden Jahrzehnten wurden in der Stadt und ihrer näheren Umgebung mehrere moderne und geräumige Hotels mit allen dazugehörigen Inhalten errichtet. Der Bau der Adriatischen Küstenstraße in den sechzigern Jahren trug zu einem rasanten Wachstum des Baus von privaten Familienpensionen entlang der Küste und dadurch auch zur Zunahme der Schlafgelegenheiten bei.
Umfangreiche Meliorationsarbeiten an der Mündung von Cetina schufen ein geeignetes Gelände für die Eröffnung eines geräumigen Autocamps. Auf dem Gemeindegebiet von Omiš gab es auch einige Erholungsstätten für Arbeiter. Neben inländischen Touristen aus dem damaligen Jugoslawien waren Deutschen und Tschechoslowaken nach wie vor die zahlreichsten ausländischen Touristen. Das Wachstum touristischer Kapazitäten wurde von der Entwicklung des Unterhaltungs- und Kulturangebot begleitet. Während des dreiwöchigen 1967 gegründeten Festivals der dalmatinischen Klapen, hatten Touristen die Gelegenheit, sich von der Schönheit des ursprünglichen dalmatinischen Klapa-Gesangs zu überzeugen. Die volle Kapazität des Canyons von Cetina wurde wieder genutzt und neben den alten Mühlen und der Sommerresidenz der adeligen Familie Radman ein Ausflugsort eingerichtet. Es wurden aber auch neue Komplexe gebaut, wie die geschmacksvoll eingefügte „Fischersiedlung“ in der Bucht Vrulja. Die damaligen Touristen verbrachten ihre Urlaubstage an zahlreichen Kies- und Sandstränden und schwüle Sommerabende kürzten sie mit Tanz auf den Terrassen der Hotels von Omiš, wie z.B. „Brzet“, „Plaža“ oder „Ruskamen“.
Bald aber, wiederholte sich leider die Geschichte in ihrer grausamsten Form. Eine etablierte Reihe von touristischen Erfolgen wurde durch den Heimatkrieg 1991 unterbrochen. Obwohl die Riviera von Omiš nicht von direkten Kriegszerstörungen betroffen war, wurden die führenden touristischen Kapazitäten von den Flüchtlingen aus besetzten Teilen Kroatiens und aus Bosnien-Herzegowina besetzt. In diesen für Kroatien schwierigen Zeiten ignorierten viele Gäste aus europäischen Ländern wie Deutschland, Österreich und Tschechien die unmittelbar bestehende Kriegsgefahr und kehrten in den Sommermonaten trotzdem nach Omiš zurück. In den harten Kriegszeiten bedeutete dies eine große moralische Unterstützung für die Einwohner von Omiš, die sie von ihren ergebenen Gästen erhielten.
Nach dem Ende des Heimatkriegs und der Rückkehr von Massentourismus setzte die Stadt Omiš ihre touristische Reise fort. Hoffentlich zu einem noch größeren Erfolg und ihrer noch erfolgreicherer Affirmation in der Tourismusbranche, denn Omiš ist keine typisch dalmatinische Stadt…
Autor: Čedomir Vojnović